Carte blanche: Medien und Einwanderung

Wie präsentiert sich das Einwanderungsland Schweiz im Service public? Wie wird das wachsende Publikum mit Migrationshintergrund, oder schöner ausgedrückt, mit internationaler Geschichte, in Fernsehen und Radio abgeholt? Diese Fragen stellen sich mir immer drängender, seit ich im März bei der SRG als Publikumsrat Einsitz nehme. Als medialer Service public besitzt Schweizer Fernsehen und Radio eine wichtige Gatekeeper-Funktion. Über die Themenauswahl in den Redaktionsstuben wird entschieden, welche Phänomene als relevant und somit als berichterstattungswürdig definiert werden und welche unter den Tisch fallen. Das Sujet Einwanderung ist im ansonsten breiten Themenkatalog von SRF untervertreten, obwohl seit 1980 kein Jahr mehr verging, bei dem nicht mehr Menschen in die Schweiz ein- als auswanderten.

Eingewanderte Menschen und deren Nachkommen sind und bleiben Teil dieser Schweiz und stellen dementsprechend ein wachsendes Publikum dar. Viele Menschen sind geprägt vom Aufwachsen im Einwanderungsland Schweiz, doch schenken die Redaktionen diesem Aspekt zu wenig Aufmerksamkeit.

Eine langfristige Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Einwanderung ist nötig, denn wir brauchen eine Diskussion darum, wie das künftige Zusammenleben in einer Einwanderungsgesellschaft zu organisieren ist. Die Beschäftigung damit muss über die zur Genüge geführten Diskussionen um «Integration» und «Assimilation» hinausgehen. Die Aufnahme des Themas allein in der politischen Auseinandersetzung wird der Realität nicht gerecht und sie reicht nicht aus, um die wichtigsten Fragen zu beantworten. Die Abbildung echter Lebensumstände sowie Erfahrungen Betroffener und die wachsende kulturelle Vielfalt in diesem Land müssen in den Fokus gesetzt werden, um das Potenzial dieses Gegenstands abzuholen. SRF muss wissen, welche Rolle es dabei spielt. Dafür braucht es uns alle, mit - oder auch ohne - internationaler Geschichte.

Chandru Somasundaram ist Mitglied des Publikumsrats SRG.D und Dozent an der Universität Fribourg am Departement für Zeitgeschichte.

Text: Chandru Somasundaram

Bild: SRF/Oscar Alessio

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